A Wounded Fawn (2022)

“I suddenly became aware that I was both mortal and touchable and that I could be destroyed.”

Leonora Carrington, britisch-mexikanische surrealistische Künstlerin

Dem Slasher-Genre einen frischen Spin zu verpassen, ist nicht einfach. Travis Stevens’ „A Wounded Fawn“ gelingt das nicht nur vortrefflich­­ – der Indie-Horror beeindruckt durch einen individuellen Look und unerwartet intellektuellen Tiefgang.

Meredith (Sarah Lind) freut sich auf ein Wochenende in der Waldhütte ihres neuen Freundes Bruce (Josh Ruben in Höchstform – schauspielerisch und physisch). Doch sehr schnell schleichen sich Zweifel ein. Ist es eine gute Idee, mit Bruce eine Nacht allein im Wald zu verbringen? Mers Instinkt täuscht sie nicht. Der charmante Kunst Fan entpuppt sich als von Visionen geplagter Serienmörder.

Wer nun fürchtet, ein weiteres Toxic Masculinity Warnstück vorgesetzt zu bekommen, das auf Meta-Ebene die Gefahren thematisiert, denen Frauen im Rahmen ihrer Dating-Experience ausgesetzt sind, der liegt nur halb richtig. Ja, man kennt das Konzept – aber nicht so.

In „A Wounded Fawn“ verschmelzen Realität und Wirklichkeit zu einem Filmkunstwerk besonderer Art. Der Horror hier ist durchwoben von Metaphern aus der griechischen Mythologie, Halluzinationen, weiblicher Wut und sehr viel Blut. Stevens dritter Feature Film kitzelt durch seine körnige 16 mm-Optik und die klugen, aber auch ohne Background Wissen nachvollziehbaren mythologischen Referenzen Auge und Hirn. „A Wounded Fawn“ schafft so, was beispielsweise Garlands „Men“ für mich verfehlte: Bei aller Sinnbildlichkeit zugänglich, leicht und unterhaltsam zu bleiben.

Die Krönung zu diesem im wahrsten Sinne des Wortes „furiosen“ Arthouse-Horrorfilm ist ein Abspann, der so großartig ist, dass man gar nichts anders will, als ihn bis zum Schluss anzusehen.

Und abschließend erst mal „Nothing’s gonna hurt you baby“ von Cigarettes After Sex anhören, welches sich fantastisch als doppelbödiger Soundtrack in den Film einfügt.

„To art and beauty…“- „And the night ahead!“, prosten sich Meredith und Bruce am Anfang des Films zu. Dem schließe ich mich an. Cheers!

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